Pferde im Karneval: Engmaschige Betreuung beim Rosenmontagszug in Köln
FN befürwortet weiter den Einsatz von Pferden in Umzügen
Warendorf (fn-press). Der Einsatz von Pferden im Karneval ist ein vieldiskutiertes Thema. Die Debatten darüber erreichen jedes Jahr rund um Rosemontag ihren Höhepunkt. Die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) setzt sich für den Einsatz von Pferden bei gesellschaftlichen Veranstaltungen ein – sofern die Tiere, ebenso wie Reiter und Fahrer, angemessen auf ihren Einsatz vorbereitet und dafür qualifiziert sind. In den vergangenen Jahren beriet die FN das Festkomitee Kölner Karneval dabei, Richtlinien für den art- und fachgerechten Einsatz von Pferden in Deutschlands größtem Rosenmontagszug zu erstellen. In diesem Jahr hat sich Thomas Ungruhe, Leiter der zuständigen FN-Abteilung Vereine, Umwelt, Breitensport und Betriebe ein eigenes Bild von den Abläufen vor, während und nach dem Zug in Köln gemacht. Im Interview berichtet er von seinen Erfahrungen.
FN-press: Herr Ungruhe, mit welchen Eindrücken haben Sie am Rosenmontag die Rückreise aus Köln angetreten?
Thomas Ungruhe: Mit sehr positiven. Ich bin davon überzeugt, dass wir als FN uns auch weiterhin für die Nutzung von Pferden bei Brauchtumsveranstaltungen wie dem Karneval aussprechen können. Die rund 300 Pferde, die am Rosenmontag in Köln im Einsatz waren und diese Veranstaltung durch ihre pure Anwesenheit bereichert haben, waren an diesem Tag wahrscheinlich die bestbetreuten Tiere in ganz Deutschland. Die Pferde wurden so engmaschig betreut und umsorgt – das war einfach sehr schön zu sehen.
Was wurde genau dafür getan, um das Wohl der Pferde im Zug zu gewährleisten?
Bevor auch nur ein Pferd oder Gespann starten durfte, haben Tierärzte ihre physische und psychische Verfassung überprüft. An den Pferdekontrollen waren auch FN-geprüfte Richter für Reiten und Fahren beteiligt. Außerdem wurden nach Angaben der Stadt Köln rund 50 Blutproben genommen, um zu kontrollieren, ob Beruhigungsmittel verabreicht wurden. Die Ergebnisse werden in zwei Wochen vorliegen. Es wurde zudem überprüft, ob Reiter und Fahrer vor oder während des Zuges Alkohol trinken und ob die Reiter möglicherweise zu schwer für ihre Pferde sind. Jedes Pferd und jedes Gespann wurde im Zug von mehreren Personen zu Fuß begleitet – eine Person pro Pferd und Wagenrad. Tierärzte waren auch an der gesamten Strecke positioniert, um im Notfall eingreifen zu können. Am Ende der Zugstrecke wurden die Pferde auch noch einmal kontrolliert.
Gab es etwas zu beanstanden?
Glücklicherweise sehr wenig, wenn man bedenkt, dass rund 300 Pferde im Einsatz waren. Meine Kollegin Anna-Sophie Röller und ich haben uns anfangs die Pferdekontrollen am Startpunkt angesehen. Während des Zuges sind wir am Rande der Strecke mit verschiedenen berittenen Garden sowie Gruppen mit Gespannen mitgelaufen, und zum Schluss haben wir uns noch ein Bild von den ankommenden Pferden gemacht. Wir haben also alle Pferde einmal gesehen. Was ich mitbekommen habe war, dass ein Fahrer sein Gespann frühzeitig aus dem Zug herausgenommen hat als er merkte, dass eines der Pferde sehr nervös war. Bei den internen Kontrollen des Festkomitees wurde ein Pferd von der Teilnahme ausgeschlossen, weil es nicht fit erschien. Das zeigt mir, dass Pferde und Menschen sehr gut beobachtet wurden und im Sinne der Unfallverhütung frühzeitig eingegriffen wurde. Hier gilt unser großer Dank auch den Richtern und Tierärzten, die den ganzen Tag im Einsatz waren.
Das alles klingt nach einem immensen Aufwand, auch für die Karnevalisten. Wie stehen die Beteiligten zu den verstärkten Kontrollen?
Diejenigen, mit denen ich im Gespräch war, stehen voll dahinter. Karneval ist ihr Leben und sie erbringen ein immenses Engagement, um mit ihren Pferden weiter an diesem besonderen gesellschaftlichen Ereignis teilnehmen zu dürfen. Sie haben total verstanden, dass das nur geht, wenn es dabei auch den Pferden gut geht. Sie sind dankbar, wenn man mit ihnen ins Gespräch kommt und bieten dies auch an. Die Reiter und Fahrer brauchen aber ein dickes Fell, wenn sie an den Umzügen teilnehmen. Die Anfeindungen durch Gruppierungen, die gegen Pferde im Umzug sind, wurden in den vergangenen Jahren immer heftiger – nicht nur vor Ort, sondern auch in den sozialen Netzwerken.
Dabei wurde gerade in den vergangenen Jahren viel getan, um Sicherheit und Tierschutz im Karneval zu gewährleisten. Welche Voraussetzungen müssen Pferde, Reiter und Fahrer erfüllen, um am Zug teilzunehmen?
Qualifikationen wie der Kutschenführerschein, sowie der Reit- und Basispass der FN sind Pflicht (*s.u.). Die Ausrüstung von Mensch und Tier muss unserem Sport-Regelwerk entsprechen. Außerdem muss jedes Pferd eine Gelassenheitsprüfung absolvieren. Alkohol, Handy und Zigaretten auf dem Pferd oder Wagen sind genauso tabu wie Beruhigungs- und andere Dopingmittel für die Pferde. Neben dem theoretischen Nachweis, dass ein Mensch über Grundkenntnisse im Umgang mit dem Pferd verfügt, muss auch ein praktischer Nachweis in Form von 30 Reitstunden erbracht werden. Von Seiten der Stadt gibt es ein in Zusammenarbeit mit dem Festkomitee erstelltes Sicherheitskonzept, in dem vorgeschrieben ist, wo die Zufahrtswege und Versorgungspunkte sind und dass eine tierärztliche Versorgung bei Bedarf innerhalb von zehn Minuten gewährleistet sein muss.
Ende Januar legte das Nordrhein-Westfälische Ministerium für Umwelt-, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz einen „Entwurf der Leitlinien zum Umgang mit Pferden beim Einsatz im Karneval vor“. Was halten Sie davon?
Ich begrüße die Initiative des Ministeriums sehr. Wir unterstützen uneingeschränkt insbesondere die Forderung nach Qualifizierungs- und Eignungsnachweisen von Pferden, Reitern und Fahrern. Besonders erfreulich ist aus meiner Sicht, dass weite Teile der im Entwurf aufgeführten Kriterien bereits seit einigen Jahren in der „Richtlinie zur Teilnahme von Pferden am Kölner Karneval“ enthalten sind und als wichtiger Erfahrungsschatz dienen. Diese Richtlinie des Kölner Festkomitees entstand unter anderem in Kooperation mit der FN und dem Pferdesportverband Rheinland. Die Inhalte des Leitlinien-Entwurfs waren für uns also weitestgehend nicht überraschend. In manchen Punkten, wie etwa der Obergrenze des Reitergewichts, sehen wir noch praxisbezogenen Diskussionsbedarf. Das haben wir in einer Stellungnahme an das Ministerium auch deutlich gemacht und fachlich in Abstimmung mit unserer Abteilung Veterinärmedizin und Tierschutz begründet.
Bisher gibt es nur den Entwurf dieser Leitlinien. Wie geht es jetzt, nach der Karnevalssession 2020, damit weiter?
Ich gehe davon aus, dass die Erfahrungen der jüngsten Session jetzt erst einmal ausgewertet werden. Das Ministerium hat angekündigt, nach der Session eine gemeinsame Bewertung der Leitlinien vorzunehmen. Wir haben bereits signalisiert, dass wir das sehr unterstützen und gerne als Ansprechpartner zur Verfügung stehen.
Das Interview führte Julia Basic.
Quelle: fn-press